Jetzt steht sie schon seit mehr als einem Monat bei mir herum. Gleich an dem Tag, weiß nicht mehr den Tag genau, aber sicher wollt ich sie sofort aufmachen. Dann hat der Fritz bei mir geklopft und gefragt, ob ich nicht mit ihm Billard spielen will. Und dann, das war leiwand, dann hab ich gewonnen gegen den Fritz. Zum ersten Mal und auch zum einzigen Mal. Ich bin überhaupt der erste, der, seit der Fritz da wohnt, gegen ihn gewonnen hat. Da hat der Fritz zahlen müssen. Ich hab getrunken, bis die Sonne aufgegangen ist, und den nächsten Tag hab ich verschlafen.
In der Woche darauf hab ich zu tun gehabt in der Stadt. Am Wochenende, just wie ich die Kiste öffnen will, kommt wieder der Fritz und fordert mich heraus. Ich soll Schach spielen gegen ihn. Dabei hab ich gar nicht gewusst, dass der Fritz die Regeln kennt. Setz ich mich halt ins Café zum Brett. Und ja, der Fritz kennt die Regeln, nur spielen kann er nicht. Nach zwölf Zügen hab ich mir kurz überlegt, ob ich ihn noch ein bisserl sekkieren soll. Aber dann hab ich ihn doch Matt gesetzt. Ich mag das ja auch nicht, wenn mich wer demütigt.
Ich hab mich gefreut, eine Lokalrunde geschmissen. War ein lustiger Abend. Dann wieder Termine in der Stadt. Und vor zwei Wochen, da war ich schon so weit. Hab mir das Werkzeug herausgeholt, hab schon angesetzt an der Kiste. Klopft’s schon wieder. Und der Fritz fragt mich, ob ich nicht mit ihm Tennis… Da bin ich aber … Ich mein, ich mit meinem wehen Haxen und dann soll ich Balli-Schupfen übers Netz. Erstens ist das fad und zweitens hab ich keine Chance. Also nix. Hab ich den Fritz draußen stehen lassen.
Schnapp ich mir wieder mein Werkzeug. Setz an bei der Kiste. Klopft’s schon wieder. Was stört mich der schon wieder. Ich wütend, den Hammer in der rechten, den Schraubenzieher in der linken Hand. Aber vor der Tür steht nicht der Fritz, sondern die Sonja, seine Freundin. Die schaut mich an mit ihren blauen Kulleraugen. Ich soll ja nicht selber spielen, ich soll nur den Schiedsrichter … Naja, wenn mich die Sonja schon so lieb fragt. Bin ich halt hinauf gestiegen auf den Hochsitz. Hab das Spiel geleitet. War ein Mixed-Single, also die Sonja gegen den Fritz. Und ich als Gentleman hab natürlich die Sonja gewinnen lassen. Hab jeden halbwegs strittigen Ball vom Fritz out gegeben und dann, wie er sich beschwert hat, hab ich ihm Punkte abgezogen wegen Kritik am Schiedsrichter. Prü, da war der Fritz sauer. Auf mich, aber auch auf seine Sonja.
Seine Sonja, seine Sonja sag ich. Seine Sonja war sie. Weil wie ich, ich hab ja dann wieder in der Stadt zu tun gehabt, und wie ich zurückgekommen bin … klopft wieder einmal wer an der Tür. Die Sonja. Der Fritz hat sie hinausgehaut, ob sie nicht bei mir wohnen darf. Großes Haus hab ich zwar nicht, aber für so eine Dürre wie die Sonja wird schon noch Platz sein.
An die Kiste hab ich in den letzten zwei Tagen gar nicht gedacht. War zu sehr mit der Sonja beschäftigt. Jetzt liegt sie da neben mir, schnarcht ein bisserl. Das ist kein Problem. Wenn sie mir auf die Nerven geht, kann ich sie ja raushauen. Wie der Fritz, was der kann, darf ich auch. Die Kiste ist aber ein Problem. Seit die bei mir steht … Ich hab seither nur Glück, gewinn alles, sogar die Geschäfte in der Stadt laufen besser denn je.
Wenn ich sie aufmach, die Kiste … Vielleicht ist dann alles wie früher. Aber wenn ich sie nicht aufmach … Vielleicht ist was drin, was verschimmelt und dann stinkt‘s. Oder es ist was Schönes drin. Oder was Wertvolles. Aber egal. Ich lass die Kiste jetzt zu. Und wenn sie zu stinken anfängt, kann ich sie noch immer wegschmeißen.

Harald Jöllinger