Schon seit meiner
Kindheit kenne ich das Vigiljoch. Ich kann mich gut an das damalige Berghotel
Vigiljoch erinnern und daran, dass ich es immer als etwas ganz Besonderes
empfand. Im Hotel selbst war ich nie, ich weiß nur, dass ich großen Respekt
davor hatte. Was sich dort wohl abspielte? Für mich als Kind war es einfach nur
geheimnisvoll. Ich war davon überzeugt, dass hier nur Menschen wohnen konnten,
die von ganz weit her kamen.
Als Jugendlicher
sah ich das Berghotel Vigiljoch dann schon mit ganz anderen Augen. Dass hier
nur Spießer einkehren konnten, war für mich in meinen Sturm-und-Drang-Zeiten
klar. Barbara jedoch weckte mein Interesse, eine Oberschülerin, die im Sommer
im Berghotel Vigiljoch als Kellnerin arbeitete. Ich war wohl ein bisschen
verliebt.
Als junger Mann
habe ich mich mit diesem Platz dann wieder neu und natürlich auf völlig andere
Weise beschäftigt: Ich habe mich umgesehen und festgestellt, dass das Innere im
Grunde absolut uninteressant ist. Kraft hatte das Äußere – eben dieser Platz,
die Natur, das Umfeld und die Aussicht – ich war fasziniert.
Seither ist viel
Zeit vergangen. Vor sieben Jahren habe ich dann erfahren, dass das Berghotel
Vigiljoch verkauft werden sollte. Mein Verstand sagte
„uninteressant“, aus wirtschaftlicher Sicht wäre damit nichts
anzufangen.
Aber mein Gefühl
war eben ein anderes, das Ganze wollte mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Nur
sechs Monate später habe ich dann den Kaufvertrag unterzeichnet und wurde somit
Besitzer einer alten, baufälligen, irgendwie unappetitlichen aber trotzdem
überaus faszinierenden Struktur, gelegen an einem einmaligen Platz.
Zunächst
passierte ein Jahr lang nichts. Mir war bewusst, dass ich in der
Tourismusbranche neu war und dass mir wegen meiner mangelnden Erfahrung in
diesem Bereich Fehler passieren konnten. Doch gerade darin sah ich auch eine
Chance, um eben etwas Innovatives auf die Beine zu stellen. Etwas Einzigartiges
zu schaffen, das war die Idee. Ich war überzeugt, dass dies nur in Verbindung
mit diesem faszinierenden Platz am Vigiljoch möglich sein würde. Der Ort selbst
war von Anfang an der Maßstab. So lauteten auch meine ersten Worte gegenüber
Matteo Thun, dem Architekten: „Du wirst nichts Schöneres schaffen können,
als es dieser Platz schon ist“. Mit diesen Worten begann eine intensive
Zeit der gemeinsamen Planung. Matteo Thun hat diese meine Worte nicht etwa als
Herausforderung zum Widerspruch gedeutet, sondern war von Anfang an damit
einverstanden, diesen Schaffensprozess mit der nötigen Demut anzugehen. Er
übernahm seine Aufgabe mit äußerster Konsequenz. In den zahlreichen Gesprächen
stand nicht im Vordergrund, was nun erbaut werden sollte. Das zentrale Thema
war der Gast: was er fühlen, erleben, sehen … und mit allen Sinnen wahrnehmen
sollte. Bald entstanden erste Skizzen.
Matteo Thun hat
das vigilius bis ins letzte Detail durchgeplant. Eine spannende Zeit, in der
ich mich ganz auf diesen Bau konzentriert habe. Freilich oft auch eine große
Belastung, mit schlaflosen Nächten und dem Druck, den finanziellen Rahmen nicht
zu sehr zu sprengen. Und immer wieder die Energie aufzubringen, um Probleme zu
schlichten.
Dann, endlich,
erfolgte die erfolgreiche Eröffnung des vigilius mountain resort, und die
Arbeit ging ununterbrochen weiter: mit der Positionierung, den Mitarbeitern,
der Führung, den Abläufen, den Gästen – eine neue Erfahrung für mich als
Unternehmer aus einer gänzlich anderen Sparte. Ich bemerkte bald die Gefahr, in
das Fahrwasser der „touristischen Gewohnheiten“ zu geraten. Die
Überzeugungsarbeit, Eigenständigkeit zu suchen, den Mut zu haben, anders zu
sein, ging weiter. Immer mit dem Ziel vor Augen, dass sich das ganze Team mit
den vigilius-Besonderheiten identifizieren sollte. Für Hierarchien durfte es
keinen Platz geben. Dies hat auch dazu geführt, dass in den ersten Jahren die
Stelle des Direktors einige Male neu besetzt wurde, zu sehr wurden eigene
Interessen in den Vordergrund gestellt; ich wollte nicht, dass dieses gelungene
Projekt darunter leidet und riskiert zu scheitern.
Schließlich
gelangte ich zur Einsicht, dass ich mich persönlich darum kümmern musste.
Mittlerweile hatten wir im vigilius-Team Mitarbeiter, die bereit waren, für
unsere gemeinsame Vision einzutreten. Wir verteilten Aufgaben und
Verantwortlichkeiten neu und definierten unsere Mission: ankommen, loslassen,
glücklich sein, leben. Diese vier „extrem einfachen Worte“ stammen nicht von
mir, sondern vom vigilius-Team. Ich war begeistert, denn diese Worte drücken
die Basis für eine positive Lebenseinstellung aus, und zudem sind sie zeitlos.
Ebenso hätten sie schon vor 100 Jahren formuliert werden können, und in 100
Jahren wären sie immer noch aktuell. Das ist auch wichtig, denn das vigilius
mountain resort will weder Trends folgen, noch vorgeben.
Im vigilius
mountain resort arbeiten 40 Mitarbeiter aus 10 Nationen und allen Kontinenten.
Die Zusammenarbeit funktioniert ohne Konflikte, hierfür leistet sicherlich die
Unternehmenskultur einen wichtigen Beitrag. Entscheidend aber ist der Berg. Er
ist es, der in gewissem Sinne abhängig macht – und gleichzeitig auch bindet.
Zur Philosophie
des vigilius mountain resort gehört vor allem die Liebenswürdigkeit der
Mitarbeiter, jeder einzelne lebt sie auf seine Weise – das hat vielleicht
nichts mit Perfektion zu tun, wohl aber mit spontaner Natürlichkeit. Genau das
ist es auch, was wir wollen: eine natürliche Gastfreundschaft.
Warum es das
vigilius gibt? Warum ich dieses Projekt verwirklicht habe? Ich gebe zu, diese
Frage kann ich auch heute noch nicht rational beantworten.